Warum Datenschutz?

„Ich hab doch nichts zu verbergen!“ – Ein Satz, der oft zu hören ist, wenn die Sprache auf den Datenschutz kommt. Wenn es nichts zu verbergen gibt, warum gibt es dann Sperren für Smartphones, PIN-Nummern für Konten, Schlüssel für Wohnungen oder auch Vorhänge vor Fenstern? Diese Schlüssel und Vorhänge finden sich heute immer öfter auch im digitalen Bereich - z.B. bei der Übertragung oder Speicherung von Daten.

Beim Datenschutz geht es nicht um den Schutz von Daten, sondern den Schutz von Individuen, und zwar vor einer Erfassung ihrer Gewohnheiten und Gedanken. Aus der zunächst unverfänglichen Gewohnheit, wie um eine bestimmte Zeit immer den gleichen Bus zu nehmen, lassen sich vielleicht Rückschlüsse auf Wohnort und Arbeitsstelle/Schule/Ärzte/Hobbys ziehen. Die Nutzung von Bewertungsfunktionen (z.B. Facebook-Likes, Amazon-Bewertungen, Spotify-Podcast-Sterne) lässt wiederum Rückschlüsse auf persönliche Einstellungen oder Stimmungen zu. Während Erwachsene sich der Tragweite idealerweise bewusst sein können, können Kinder und Jugendliche diese kaum abschätzen. Deshalb sind deren Rechte hier besonders schützenswert.

Zu der persönlichen Weiterentwicklung von Menschen gehört es, Erfahrungen zu sammeln, Dinge auszuprobieren und nicht sofort alles richtig zu machen. Dazu müssen nicht alle Fehler für alle Anderen öffentlich bekannt sein. Das Gespräch mit der besten Freundin oder dem besten Freund unter vier Augen wird sicherlich persönlicher ausfallen und anders wirken, als wenn von Anfang an klar ist, dass die ganze Welt potenziell teilnimmt und eine Meinungsänderung mit einem sozialen Verlust verbunden sein kann.

Menschen, Meinungen oder Situationen ändern sich, aber nicht alle gestehen das jedem zu und nicht immer sind alte Daten unter neuen Umständen unverfänglich. Was, wenn plötzlich die Regierung radikal wechselt? Was, wenn ich in meiner Jugend Dinge geäußert habe, die ich heute mit mehr Lebenserfahrung oder zusätzlichen Informationen ganz anders sehe? Was, wenn Daten aus medizinischen Untersuchungen aus frühster Kindheit später Auswirkungen auf meine medizinische Versorgung haben?

„Aber die Leute verzichten doch freiwillig auf ihre Privatsphäre und posten ihre Fotos und ihr ganzes Leben. Das ist halt heute so.“

Nur weil manche Menschen ihr Leben sehr öffentlich teilen, bedeutet das noch lange nicht, dass alle Menschen auf ihr Recht auf Privatsphäre verzichten müssen. Wenn eine Person für sich entscheidet, mit den eigenen Informationen freizügig umzugehen, bedeutet dies weder, dass sie auch genauso mit denen anderer Personen umgehen darf, noch dass sie das von diesen selbst erwarten kann.

Jede*r hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Um über die eigenen Daten und damit die eigene Privatheit zu bestimmen, ist es erforderlich, die Mittel der DSGVO zu kennen und zu nutzen.

Recht auf informationelle Selbstbestimmung bedeutet aber auch, dass niemand diese Entscheidung für andere treffen darf. Wenn also jemand für sich selbst entscheidet, dass er nichts zu verbergen hat, stimmt es nicht automatisch für andere. Wer das eigene Smartphone nicht vor fremdem Zugriff schützt (sowohl vor dem Zugriff auf das Gerät als solches als auch vor dem Datenabfluss durch diverse installierte Apps), könnte Daten Dritter gefährden, welche das nicht wollen bzw. zumindest selbst darüber bestimmen wollen (z.B. die Kommunikation per Messenger oder E-Mail oder die Kontaktdaten im Adressbuch).

„Das Internet vergisst nichts!“

Die Erfahrung zeigt außerdem, dass Daten, die einmal erfasst wurden, häufig nicht mehr verschwinden und – im Gegenteil – später eher auf eine Art verwendet werden, die die Mehrheit – und insbesondere die jeweils betroffene Person selbst – nicht vorhergesehen hätte.

Durch die Verknüpfung einzelner eigentlich unverfänglicher Datenpunkte zu komplexen Profilen ergeben sich Auswertungsmöglichkeiten und automatisierte Entscheidungen ohne den Eingriff durch Menschen.

Die Analyse der Daten mündet häufig in Verhaltensprofilen bzw. Verhaltensbewertungen. Auf dieser Grundlage erfolgt einerseits eine Filterung von Informationen, andererseits wird versucht, durch Verhaltensvorhersagen, Entscheidungen zu beeinflussen.

Wenn wir euch mit unseren Argumenten nicht überzeugen konnten, dann bleibt uns nur zu sagen: Haltet euch ans Gesetz! Das Grundgesetz gesteht jeder Person das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu, das unter anderem in der DSGVO und den entsprechenden Bundes- und Landesgesetzen konkretisiert ausgestaltet wurde.